Liebe Gernsbacherinnen und Gernsbacher,

im dritten Jahr einer Pandemie, deren Ausmaß für uns in keiner Weise vorstellbar war, wissen wir zwar, dass die Corona-Pandemie keine Wirtschafts- und Finanzkrise ist, aber die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft sind dennoch gravierend.

Eindeutige Verlierer sind die Kinder und Jugendlichen, für die Einschnitte mit Kita- und Schulschließungen über viele Monate und anhaltende Kontaktbeschränkungen besonders belastend sind. Vom sozialen Leben auch in Vereinen so gut wie ausgeschlossen, wurde die Familie generationsübergreifend zum „Reparaturbetrieb“ und muss die Folgen der Pandemie auffangen. Zukunftsängste, Vereinsamung, Medienkonsum, aber auch Leistungsdruck sind nur einige der Folgen, unter denen unsere Kinder und Jugendlichen leiden. Darüber hinaus können wir nicht konkret abschätzen, wie sich die teilweise gravierenden Lerndefizite unserer Kinder in der Zukunft auswirken werden. Die Bildung unserer Kinder hat für die CDU-Fraktion höchste Priorität. Eine Kürzung in diesem Bereich hätte eine verheerende Wirkung und wäre das denkbar falsche Signal.

Wir beantragen daher, die Schulbudgets der Grund- und weiterführenden Schulen nicht zu kürzen. Ein Sparen an der Schulbildung wäre kontraproduktiv und passt nicht in die heutige Zeit. Die zur Kürzung vorgeschlagenen Haushaltsmittel von 90.000 € sollen den Schulen für mehr Schulsozialarbeit, Schulprojekte, Medienbildung, Lernförderung und Unterstützungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung gestellt werden. Der Schulstandort Gernsbach profitiert von Angeboten für Schüler und Lehrer über das Pflichtangebot hinaus. Bei der Wahl der weiterführenden Schulen und im Wettbewerb mit anderen Schulträgern spielen attraktive Angebote eine entscheidende Rolle.

Auch die Familien und Senioren brauchen unsere Aufmerksamkeit. Wir müssen alles unternehmen, um Angebote zu schaffen, damit sich diese auch im Freien treffen können: in gepflegten städtischen Grünanlagen und auf Kinderspielplätzen mit sicheren Spielgeräten.

Die CDU-Fraktion hat hierzu bereits im vergangenen Jahr beantragt, ein Spielplatzkonzept zu erstellen, in welchem der Zustand aller Spielplätze im Stadtgebiet und in den Stadtteilen erfasst wird. Nach einer Priorisierung im Gemeinderat sollen die Spielplätze Zug um Zug saniert werden. Dies muss nun zeitnah in diesem Jahr umgesetzt werden. Wir wollen im Interesse unserer Senioren aber auch für Familien, Kinder und Jugendliche einen barrierefreien Zugang in die Altstadt und eine gute Verkehrsanbindung sowohl vom Wohnstift als von den Ortsteilen, die nicht an das Anruflinientaxi angebunden sind, in die Stadtmitte und zurück durch Kleinbus-Shuttles. Dies ist notwendig, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Daher setzen wir uns als CDU-Fraktion vehement dafürein, dass diese Maßnahmen im Rahmen des Mobilitätskonzepts zügig umgesetzt werden.

Die Kosten der Pandemie wurden auch für unsere Stadt weitestgehend durch großzügige finanzielle Hilfen des Landes aufgefangen. Die Pandemie ist also nicht verantwortlich für die bemerkenswerte finanzielle Misere Gernsbachs. Es sind strukturelle Probleme und Weichenstellungen, die den städtischen Haushalt gravierend belasten und der fehlende

Mut der Verwaltung sowie der Mehrheit des Gemeinderats, sich der Herausforderung der Haushaltskonsolidierung zu stellen.

Den aktuellen Haushaltsentwurf bezeichnet die Verwaltung als „Sparhaushalt“. Was steckt aber tatsächlich dahinter? Da fallen zum einen die hohen Steuern und Abgaben auf, die wir bei der Grundsteuer A und B, der Hundesteuer und den Gebühren für Wasser und Abwasser bereits haben. Nahezu in allen Kategorien liegen wir mit an der Spitze aller 23 Städte und Gemeinden im Landkreis. Leider ist Gernsbach in den letzten drei Jahren sprichwörtlich ein teures Pflaster geworden.

Wenn wir auf die Entwicklung der Verschuldung schauen, dann plant die Verwaltung bis zum Jahresende einen Schuldenberg für den Kernhaushalt, die Stadtwerke und die Abwasserbeseitigung von mehr als 37,5 Mio. €, für die wir Gernsbacher Zins und Tilgung bezahlen müssen. Doch damit noch nicht genug: Nach dem Willen der Verwaltung soll der Schuldenberg bis zum Jahr 2025 auf astronomische 57,6 Mio. € steigen. Diese gewaltige Verschuldung sollen wir 14.500 Gernsbacher Einwohner in den nächsten Jahrzehnten wieder abbezahlen. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu wissen, dass das überhaupt nicht möglich ist, ohne weiter an der Steuerschraube zu drehen. Denken wir immer daran: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.

Nicht ganz so ehrgeizig sind allerdings die Bemühungen, Sparpotenziale im Haushalt zu finden und umzusetzen. Dazu lohnt ein Blick auf den Personalhaushalt. Bereits seit Jahren haben wir im Vergleich zu anderen Gemeinden unserer Größe höhere Personalkosten.

Darauf hat die Gemeindeprüfungsanstalt selbst hingewiesen und auch unsere Fraktion hat stets gefordert, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung im Rahmen eines Organisationsgutachtens auf den Prüfstand zu stellen. Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde im vergangenen Jahr ein solches Gutachten zwar endlich beauftragt, ein Ergebnis liegt dem

Gemeinderat aber trotz Nachfragen immer noch nicht vor.

Gespart wird dagegen seit Jahren bei der Unterhaltung der städtischen Infrastruktur wodurch Schulen, Hallen, Rathaus und Straßen regelrecht kaputt gespart werden und der Sanierungsstau sich zu einem gewaltigen Berg auftürmt.

Die CDU-Fraktion mahnt seit Jahren an, die momentane Flickschusterei zu beenden und wirklich alles auf den Tisch zu legen. Wir müssen die gesamte Infrastruktur bewerten, dies öffentlich machen und im Gemeinderat, für die Bürger transparent und nachvollziehbar, Prioritäten für eine Sanierung festlegen. Jeder Hauseigentümer weiß selbst, dass er sich vor der umfassenden Sanierung seines Gebäudes einen Überblick über alle notwendigen Maßnahmen verschaffen, den finanziellen Aufwand dafür ermitteln und dann anhand seines Kontostands entscheiden muss, welche Sanierungsmaßnahmen er in welcher Reihenfolge umsetzen möchte. Das kann bei den städtischen Liegenschaften nicht anders sein. Die CDU-Fraktion beantragt daher zum wiederholten Mal, eine Übersicht der gesamten städtischen Infrastruktur mit Angabe des baulichen Zustands und der erforderlichen Maßnahmen zur Sanierung bzw. zum Bauunterhalt anstehen, zu erstellen und Prioritäten für die Maßnahmen vorschlagen.

Ohne diese schonungslose Bestandsaufnahme kann der Gemeinderat keine sinnvollen Entscheidungen treffen und der Sanierungsstau wird sich Jahr für Jahr weiter erhöhen.

Im Zuge der Nachbesetzung der Stelle des Stadtbaumeisters ist es nun an der Zeit, die Zeit der Einarbeitung und Übergabe zu nutzen, um dieses Thema anzugehen.

Natürlich kann man weiterhin trotzig die Augen vor der erdrückenden Realität verschließen, an wenigen, auf Pump finanzierten Prestigeprojekten festhalten und alles andere Verschleiß fahren.

Ist das aber eine kluge Strategie?
Ist das wirtschaftlich vertretbar?
Ist das nachhaltig?

Wir meinen nein! Die Zeichen der heutigen Zeit erfordern jetzt nachhaltiges Handeln und eine nachhaltige Entwicklung. Wir müssen uns um die Bedürfnisse der aktuellen Generation kümmern, ohne den Handlungsrahmen zukünftiger Generationen zu gefährden.

Nachhaltigkeit bedeutet auch, nicht auf Kosten der nächsten Generationen zu leben. Dies muss Grundlage aller unserer politischen Entscheidungen sein und eine solche Haltung erfordert ein grundsätzliches Umdenken bei der Auswahl und Finanzierung von Projekten, bei der ausufernden Verschuldung, beim Klima- und Artenschutz und beim Ausbau des schnellen Internet im Stadtgebiet.

Da zumindest Grundlagen für den Ausbau der innerörtlichen Infrastruktur im Bereich Breitband in diesem Jahr gelegt werden sollen, was unsere ausdrückliche Zustimmung findet, wird die CDU-Fraktion dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Stadtwerke zustimmen.

Den Kernhaushalt und den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Abwasserverband für 2022 lehnen wir ab, da wir für eine seriöse und nachhaltige Finanzpolitik stehen, die Kürzung des Schulbudgets ablehnen, die Abwassergebühren durch ein zu teures Inneres Darlehen der Stadt an den Eigenbetreib weiterhin um 200.000 € pro Jahr zum Nachteil der Gebührenzahler zu hoch sind und unsere Forderungen nachhaltigen Wirtschaftens sowie grundsätzlicher Haushaltskonsolidierung im vorliegenden Haushaltsplanentwurf nicht umgesetzt sind. Wir hoffen, dass der Bürgermeister und die Mehrheit des Gemeinderats bereit sind, mit uns gemeinsam die Weichen für eine kluge Haushaltskonsolidierung zu stellen. Die CDU-Fraktion wird sich weiterhin offen und konstruktiv einbringen.

Frauke Jung
Für die CDU-Fraktion – Fraktionsvorsitzende der CDU Gernsbach

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